70% aller Deutschen konsumieren täglich mindestens eine Tasse Kaffee. So zumindest ist es dem Kaffeereport 2017 zu entnehmen, der 3000 Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren befragte. 50% aller Befragten laufen täglich sogar mehrmals zur Maschine. Für Kaffeejunkies dürften die neuesten Erkenntnisse einer kanadischen Studie daher äußerst interessant sein, denn sie untersuchte die Wirkung des im Kaffee enthaltenen Koffeins auf die Fettverbrennung (Lipolyse). Ist Koffein also ein natürlicher Fat-Burner? Und wie macht sich eine vermeintlich verbesserte Fettverbrennung in unserem Körper nach 1-3 Tassen Kaffee bemerkbar?

Koffein verlängert Wirkung von zyklischem AMP

Die Wirkungen von Koffein spielen sich auf physiologischer Ebene wie folgt ab: In unseren Zellen wird unsere „Energiewährung“ Adenosintriphophat (ATP) dauerhaft auf- und abgewertet. In diesem Prozess entsteht unter anderem das sogenannte zyklische Adenosinmonophophat (cAMP), das normalerweise sehr schnell zerfällt. Bleibt cAMP allerdings länger stabil, wirkt es als Botenstoff und aktiviert Enzyme, die die Lipolyse steigern. Vandenberghe et al. (2016) beschreiben Koffein daher als Adenosinrezeptor-Antagonist, d.h. es blockiert Rezeptoren auf dem Adenosinmolekül, die eigentlich als Bindungsstelle für das Abbauenzym fungieren. Folglich bleibt cAMP durch den Koffeineinfluss länger wirksam und kurbelt somit (zumindest theoretisch) die Fettverbrennung an.

Im Rahmen der Lipolyse entstehen freie Fettsäuren (FFS), die in den Blutkreislauf gelangen. FFS werden von vielen Organen zur unmittelbaren Energiefreisetzung genutzt. Passieren sie die Leber, können sie zu Ketonen umgewandelt werden, wie z.B. β-Hydroxybutyrat (β-HB), der am häufigsten gemessene Ketonkörper. Ketone spielen eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung des Gehirns, wenn entweder die Nahrung über längere Zeit kohlenhydratarm ist oder eine mehrtägige Fastenphase ins Spiel kommt. Unter Glukosemangel können bis zu 70% des Energiebedarfs des Gehirns ausschließlich über Ketone bereitgestellt werden. Dieser Mechanismus hat unser Überleben (insbesondere von Gehirn und Nervenzellen) in Winter- und Dürrephasen gesichert, wenn die Nahrung allmählich knapp wurde.

Bulletproof – ist Kaffee die neue Anti-Fett-Diät?

Heute haben wir allerdings mit dem Problem zu kämpfen, das Nahrungsenergie an jeder Ecke ohne großen Aufwand verfügbar ist. Deshalb versucht eine Armada von Diäten unser Körperfett im Zaum zu halten – mit geringem Erfolg. Was aber, wenn Kaffee künftig diesen Job übernimmt und wir bedenkenlos schlemmen dürfen bis der Arzt kommt? Werden tatsächlich mehr Ketone gebildet, wenn wir zum Kaffeejunkie mutieren? Dieser Fragestellung widmeten sich Vandenberghe et al. (2016), die 10 Probanden untersuchten, die drei Untersuchungstage durchliefen: Nach einer 12-stündigen Nüchternphase erhielten die Probanden in Verbindung mit einem standardisierten Frühstück eine bestimmte Dosis Koffein (0/2,5/5mg pro Kilogramm Körpergewicht). Die mittlere Dosis entspricht etwa 1,5 Tassen Kaffee, die hohe Dosis 3 Tassen. Über einen Zeitraum von 4 Stunden wurde den Probanden halbstündlich Blut abgenommen und auf bestimmte Parameter hin untersucht.

Langsam aber gewaltig – der Effekt von Koffein!

Und siehe da: In der Analyse zeigten sich tatsächlich die erhofften Effekte – allerdings wesentlich später als man dachte. Obwohl Kaffee für seine psychotrope Wirkung bekannt ist, stellten die Wissenschaftler in den ersten zwei Stunden nach dem Frühstück weder Veränderungen der FFS noch der Ketone im Blut fest. Aber: Nach 3 Stunden (siehe Grafik) stiegen die β-HB-Werte deutlich an – mit 2,5mg Coffein um 88%, mit 5mg um sage und schreibe 116%!

Mit diesem kleinen Experiment konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass Koffein sowohl die Lipolyse als auch die Ketogenese wirkungsvoll stimuliert. Die Wirkung von Koffein war übrigens eindeutig dosisabhängig und erreichte nach vier Stunden ihren Höhepunkt.

 

 

Kleiner Wermutstropfen: Ein limitierender Faktor der Studie war die Zusammensetzung des Frühstücks. Dieses bestand aus 85g Kohlenhydraten, 9,5g Fett und 14g Eiweiß. Der Konsum von Zucker und die darauffolgende Freisetzung von Insulin hemmt bekanntermaßen die Lipolyse. Möglicherweise erklärt dies auch den anfänglichen Abfall der β-HB-Konzentration (siehe Grafik). Ungeachtet dessen ist Koffein also in der Lage, den Lipid- und Ketonstoffwechsel zu stimulieren. Stellt sich nur die Frage: Ist der Fat-Burning-Effekt von Koffein mit einem Low-carb Frühstück vielleicht noch stärker oder tritt schneller ein? Und wie funktioniert Koffein bei Frühstückverweigerern? Eine interessante Frage für alle, die gerne ein paar überflüssige Prozent Körperfett loswerden wollen. Bleibt zu hoffen, dass die Forscher in dieser Hinsicht am Ball bleiben. Keep the fire burning!

 

Quellen:

Vandenberghe, C., St-Pierre, V., Courchesne-Loyer, A., Hennebelle, M., Castellano, C. A., & Cunnane, S. C. (2016). Caffeine intake increases plasma ketones: an acute metabolic study in humans. Canadian Journal of Physiology and Pharmacology, 95(4), 455-458.

Kaffeereport 2017: https://www.tchibo.com/servlet/cb/1210736/data/-/Kaffeereport2017.pdf