10 Millionen Mitglieder – der Fitnessmarkt boomt wie nie zuvor. Mager ist Out, muskulös ist In! Bei der Zielsetzung, möglichst schnell einen Sixpack oder den 40er-Bizeps aufzubauen, scheuen viele Fitnessjunkies wie ihre Vorbilder im Hochleistungssport nicht davor zurück, den natürlichen Adaptationsprozessen des Körpers ein Schnippchen zu schlagen. Das Unmögliche soll möglich werden. Deshalb vertrauen viele Athleten den Werbeversprechen der Nahrungsergänzungsindustrie nach dem Motto: Viel Protein hilft viel, wenn es um Muskelaufbau geht. Seriös und kompetent angewandt, ist gegen eine Ergänzung mit bestimmte Mikronährstoffen nichts einzuwenden. Viele Präparate zeigen unter wissenschaftlichen Kriterien positive Effekte auf Leistung und Körperkomposition. Ein Paradebeispiel ist Kreatin, dass wir in unserem letzten Blogartikel thematisiert haben. Gelegentlich kommen allerdings Substanzen ins Spiel, die langfristig nicht gerade ungefährlich sind. So zieht die Einnahme von anabolen Steroiden nicht nur eine positive Dopingprobe nach sich, sondern auch Unfruchtbarkeit und Arteriosklerose!

DMAA – jeder 13. Dopingfall durch Supplemente!

„Das kann mir nicht passieren,“ sind viele saubere Sportler überzeugt. Niemand sollte sich allerdings 100% sicher sein. Denham (2017) führt in einer aktuellen Veröffentlichung im International Journal of Sport Policy and Politics aus, warum das so ist: 14 bis 18% aller Nahrungsergänzungsmittel (NEMs) beinhalten illegale Wirkstoffe. 6,4 bis 8,8% aller positiven Dopingfälle sind durch kontaminierte Supplemente verursacht. Das heißt: Jeder dreizehnte positiv getestete Athlet wurde aufgrund verunreinigter NEMs gesperrt. Eine Substanz sticht dabei mit Abstand am häufigsten heraus: Methylhexanamin (DMAA). Nie gehört? Hier ein kurzer Einblick in die Geschichte:

  • 1940: DMAA wird erstmals als Amphetamin verkauft.
  • 1983: Das Produkt wurde wieder vom Markt genommen.
  • 1996: Eine obskure Studie identifiziert DMAA als natürliche Substanz (was in zahlreichen Studien später klar widerlegt wurde).
  • 2006: DMAA wird im Fitness-Markt als Energy-Booster eingeführt und erobert in zahlreichen Produkten die Welt.
  • 2009: Die WADA setzt DMAA auf die Dopingliste, da es nachweislich nicht natürlich ist; trotzdem ist es nach wie vor in vielen Sporternährungsprodukten enthalten.
  • 2012: Eine Teilnehmerin des London Marathon überquert die Ziellinie, kollabiert und stirbt; in ihrem Blut wurde DMAA gefunden.
  • 2012: Im gleichen Jahr sterben zwei amerikanische Soldaten an einer Herzattacke im Fitnesstraining; beide nahmen vor dem Training den DMAA-basierten Energiebooster Jack3d.
  • 2013: Das mit DMAA kontaminierte Produkt OxyElite pro wurde als Hauptverursacher einer Gesundheitskrise in Hawaii identifiziert; es kam zu 47 Hospitalisierungen, 3 Lebertransplantationen und einem Todesfall.

Wie konnte das passieren? DMAA ist doch ein kennzeichnungspflichtiger Inhaltsstoff. Auf vielen Produkten ist er tatsächlich auch vermerkt. Allerdings verdeutlicht die nachfolgende Liste, warum man diese für das Abschwellen der Nasenschleimhaut entwickelte Substanz auf den ersten Blick nicht so leicht erkennt:

 

40er Bizeps und lebenslange Fitness – zwei Dinge die sich ausschließen!

Aufgrund dieser langen Synonymliste ist es also kaum verwunderlich, dass immer wieder Sportler entgegen sauberer Absichten positiv auf Doping getestet werden. Auch Fitnesssportler können daher Opfer verschmutzter Präparate werden, wie die DMAA-Story deutlich zeigt. Wie gesagt: 14 bis 18% aller NEMs enthalten verbotene Substanzen. Deshalb empfiehlt Denham (2017) jedem Sportler vor dem Kauf eines Supplements, unbedingt einen Blick auf die Anti-Doping-Liste zu werfen. In Deutschland ist die NADA dafür zuständig, die einen Überblick über alle verbotenen Substanzen liefert. Wer sich diese Arbeit ersparen und dennoch auf Nummer sicher gehen möchte, sollte auf entsprechende Gütesiegel achten: Ist das Produkt auf der sogenannten Kölner Liste aufgeführt, kann man davon ausgehen, dass das Produkt bzw. zumindest die getestete Charge sauber ist. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es allerdings nie. Profisportler sind am Ende immer für sich selbst verantwortlich, wie das Beispiel Maria Scharapowa gezeigt hat. Ein positiver Test und das Sauberfrau (-mann)-Image ist dahin. Und Freizeitsportler sollte sich hinterfragen, ob sie für einen 40er-Bizeps wirklich ihre Gesundheit auf´s Spiel setzen wollen.

 

Quellen:

Denham, B. E. (2017). When contaminated dietary supplements cause positive drug tests: methylhexaneamine as a doping agent in sport. International Journal of Sport Policy and Politics, 1-13.
Hartgens, F., Kuipers, H. (2004). Effects of androgenic-anabolic steroids in athletes. Sports Medicine, 34(8), 513-554.