Hochintensives Training: Turbo für unser Immunsystem?

Regelmäßige moderate Bewegung ist gesund und stärkt das Immunsystem. Hochintensives Training hingegen ist weniger vorteilhaft oder sogar kontraproduktiv. Menschen mit chronischen Erkrankungen bekommen das häufig noch immer zu hören. Allerdings deuten neue Erkenntnisse darauf hin, dass hochintensives Training im Vergleich zu moderatem Training eine noch stärkere entzündungshemmende Reaktion auslösen kann [1]. Tatsächlich könnten Patientengruppen, die an chronischen Krankheitsformen leiden, Dank des überdurchschnittlich positiven Einflusses auf das periphere, aber auch zerebrale Gefäßsystem stark von hochintensiven Bewegungsformen profitieren [2]. Obwohl noch intensiver geforscht werden muss, zeigen erste Studien positive Effekte auf die Symptomatik bei neurodegenerativen Erkrankungen als auch auf Risikofaktoren kardiovaskulärer Krankheiten [3,4].

Kürzlich wurde in einer Untersuchung eindrucksvoll gezeigt, wie dauerhaftes intensives Ausdauertraining die zelluläre Immunkompetenz erhöht [5]. Ist eine Immunkompetenz überhaupt wichtig? Natürlich – es meint die Fähigkeit zu einer wirksamen Immunabwehr, also die Kompetenz der Immunzellen, gegen einen Krankheitserreger erfolgreich vorzugehen. Im Kontext der angesprochenen Untersuchung: die weißen Blutkörperchen zeigen einen optimierten Stoffwechsel, genauer gesagt einen verbesserten Stoffwechsel der Mitochondrien, den zelleigenen Kraftwerken für eine effektive Energieproduktion. Das Ganze geht mit einer Erhöhung der Mitochondriendichte einher. Netter Nebeneffekt: Die Produktion entzündlicher Signalstoffe nimmt durch intensives Ausdauertraining ab. Es geht also um Genregulation! Vereinfacht könnte man sagen, dass „Energie-Gene“ aktiviert und „Entzündungs-Gene“ deaktiviert werden. Und was ist an diesem Forschungsansatz so innovativ?

Bisher untersuchte die Mehrheit der Studien die Reaktion der Leukozyten auf eine akute Belastung im trainierten oder untrainierten Zustand. Diese Studie hingegen untersucht trainingsinduzierte Veränderungen der Genaktivität in Leukozyten bei Athleten im Ruhezustand, also nicht nach einer akuten Belastung. Das ist insofern interessant, als dass dies den Normalzustand des Athleten widerspiegelt, der über die meiste Zeit des Tages anhält und damit sehr gut offenbart, in welchem Zustand sich ein Großteil der Immunzellen in Ruhe befinden.

Nicht uninteressant ist außerdem ein Effekt, den man T-Zell Demargination nennt [6]. T-Zellen gehören zu den Leukozyten und spielen in der Immunregulation eine wichtige Rolle. Doch nicht nur Menschen, Tiere und Pflanzen können altern, sondern eben auch T-Zellen. Ist das relevant für die Immunkompetenz? Ja, absolut! Denn alte und hochdifferenzierte T-Zellen verlieren an Funktionalität und sollten mit der Zeit durch neue T-Zellen ersetzt werden. Allerdings „haften“ viele dieser alten T-Zellen in peripheren Geweben. Intensive Bewegung mobilisiert sie in die Blutbahn (Demargination). Dadurch schaffen sie in diesen Geweben Platz für eine neue Generation an kompetenten T-Zellen [7].

Ob trainiert oder untrainiert – integrieren Sie intensive Elemente in ihr regelmäßiges Training. Kurze Sprints sind hierbei ideal, oder beanspruchen Sie Ihren Oberkörper durch Klimmzüge oder Liegestütze. Die Muskulatur muss sich an diese neue Art der Belastung gewöhnen, das heißt für Sie: Achten Sie auf eine ausreichend lange Regenerationsphase nach den Trainingseinheiten und vermeiden Sie einen voreiligen Wiedereinstieg, nur um sich an den „Bewegungsplan“ zu halten. Das Immunsystem wird Ihnen mit einer erhöhten Widerstandkraft gegen Krankheitserreger danken!

Literatur:

[1] Handzlik, M.K., Shaw, A.J., Dungey, M., Bishop, N.C. & Gleeson, M. (2013). The influence of exercise training status on antigen-stimulated IL-10 production in whole blood culture and numbers of circulating regulatory T cells. Eur J Appl Physiol;113(7):1839–48.

[2] Lucas, S.J., Cotter, J.D., Brassard, P. & Bailey, D.M. (2015). High-intensity interval exercise and cerebrovascular health: curiosity, cause, and consequence. J Cereb Blood Flow Metab. ;35(6):902-11.

[3] Zimmer, P., Bloch, W., Schenk, A., Oberste, M., Riedel, S., Kool, J., Langdon, D., Dalgas, U., Kesselring, J. & Bansi, J. (2017). High-intensity interval exercise improves cognitive performance and reduces matrix metalloproteinases-2 serum levels in persons with multiple sclerosis: A randomized controlled trial. Mult Scler. ;24(12):1635-1644.

[4] Kessler, H.S., Sisson, S.B. & Short, K.R. (2012). The potential for high-intensity interval training to reduce cardiometabolic disease risk. Sports Med. 1;42(6):489-509.

[5] Liu, D., Wang, R., Grant, A.R., Zhang, J., Gordon, P.M., Wei, Y. & Chen, P. (2017). Immune adaptation to chronic intense exercise training: new microarray evidence. BMC Genomics. 5;18(1):29.

[6] Gleeson, M. (2006). Immune function in sport and exercise. Edinburgh; New York: Churchill Livingstone Elsevier: British Association of Sport and Exercise Sciences.

[7] Simpson, R.J., Florida-James, G.D., Cosgrove, C., Whyte, G.P. & Macrae, S. (2007). High-intensity exercise elicits the mobilization of senescent T lymphocytes into the peripheral blood compartment in human subjects. J Appl Physiol 103: 396-401.